Osnabrück - Münster

375 Jahre Westfälischer Frieden

Die Westfälischen Friedensverträge, die am 24. Oktober 1648 in Münster unterzeichnet wurden, beendeten nicht nur einen 30-jährigen Krieg (der in Wirklichkeit eine Vielzahl paralleler und aufeinander folgenden Kriege war), sondern legten auch den Grundstein zu einem Europa, wie wir es heute kennen.
Nachdem keine der Kriegsparteien nach langen Abnutzungskämpfen mehr eine realistische Aussicht auf einen eindeutigen Sieg hatte, wurden in Münster und Osnabrück parallel stattfindende Friedenskongresse einberufen, die nach fünf langen Verhandlungsjahren schließlich in einen Frieden mündeten.
Während im protestantisch geprägten Osnabrück Gesandte des Kaisers, Abgeordnete aus Schweden sowie der protestantischen Reichsstände verhandelten, traten im katholischen Münster die Abgesandten Frankreichs, des Kaisers sowie der katholischen Reichsstände an den Verhandlungstisch.
Oft erwiesen sich die Verhandlungen als schwierig, manches Mal standen sie gar vor dem Scheitern, doch am 6. August 1648 wurde mit dem Osnabrücker Handschlag zwischen Schweden, Kaiser und Reichsständen der Frieden besiegelt. In Münster wurden die ausgehandelten Verträge am 24. Oktober 1648 unterschrieben, in Osnabrück wurde der Friedensschluss einen Tag später von der Rathaustreppe verkündet.

In beiden Friedens-Verhandlungsorten lässt sich auch heute noch Historie atmen. Der Friedenssaal im 1512 fertiggestellten Osnabrücker Rathaus wird von 42 Porträts europäischer Gesandter der Friedensverhandlungen geschmückt, darunter befinden sich die Sitzbänke mit aufwändigen und detailvollen Schnitzereien, die gotische Muster und Motive der Frührenaissance vereinen.

In Wandschränken, den sogenannten Privilegienschreinen, die zwischen den großen Fenstern ins Mauerwerk eingelassen sind, lagerten wichtige Dokumente. Auch sie sind liebevoll mit zahlreichen Motiven und Figuren verziert. Deutlich schlichter fallen dagegen einige andere Wandschränke aus: Bürger konnten diese seinerzeit für ihre Wertsachen anmieten. Ein gewaltiger Kronleuchter dominiert die Decke.
Immer wieder wurde der Friedenssaal baulich verändert, von den Bomben des Zweiten Weltkriegs wurde der Saal verschont – das Inventar wurde ausgelagert. 1948 wurde der Saal zum 300-jährigen Friedensjubiläum wiedereröffnet. Vor rund 35 Jahren schließlich wurden Decke und Boden erneuert, Sandsteinfliesen und Deckenbalken sind heute noch Teil des Friedenssaals.


Gewisse Ähnlichkeiten mit dem Osnabrücker Friedenssaal sind ebenso in Münsters historisch bedeutsamster Stelle zu registrieren. Auch hier hängen Porträts der Gesandten und Herrscher, die an den Friedensverhandlungen beteiligt waren – insgesamt 37.

Anders als der Osnabrücker Friedenssaal wurde sein Münstersches Pendent im Zweiten Weltkrieg zerstört – und anschließend originalgetreu wieder aufgebaut.
An den Wänden finden sich neben verzierten Sitzgelegenheiten auch großformatige Holztäfelungen im Stile der Renaissance – diese sind bereits 1577 entstanden.

Darüber hinaus befinden sich im Friedenssaal zu Münster auch noch andere Unikate: Ein Frauenschuh, der vermutlich aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt – wem er einst gehörte, warum er hier aufbewahrt wird? Unbekannt. Ein kleiner Holzkasten mit abgetrennter Hand aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigt die Grausamkeiten des Mittelalters: Die einem Getöteten abgetrennte Hand war ein „Leibzeichen“, das stellvertretend für die Leiche als Beweis für die Tötung bei einer Gerichtsverhandlung des Rates diente.
Der goldene Hahnenpokal, der vermutlich um 1600 entstand, diente einst als Tafelgeschirr für festliche Anlässe. Der Kopf des Hahnenpokals ist abnehmbar, sodass er auch als Trinkgefäß genutzt werden kann. Er wird auch heute noch hohen Gästen der Stadt als Pokal gereicht. Sowohl der Friedenssaal in Münster als auch in Osnabrück können besichtigt werden.


 

Ausgabe vom 10. Mai 2023, Beilage, Seiten 4 und 5